„Waldbaden“ – Erholung für Körper und Seele

Ranger Jörg Pahl erklärt den Teilnehmenden der ‚Shinrin Yoku‘-Wanderung vom 11. Juni 2017, wie der Wald gesundheitsfördernd wirkt. Foto: Wald und Holz NRW

„Wald bewegt“ lautet 2018/2019 das Motto der Forstwirtschaft in Deutschland. Denn wer sich im Wald bewegt, tut aktiv etwas für seine Gesundheit. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben bewiesen, dass sich Ausflüge im Wald positiv auf Herz, Immunsystem und Psyche auswirken. Und das nicht nur am 7. April – dem internationalen Weltgesundheitstag.

Shinrin-Yoku
Der Wald war immer schon ein Sehnsuchtsort für die Deutschen, denn er verspricht Ruhe und Erholung. Die Natur hilft uns, Belastungen besser zu bewältigen. Sie hat sich als hilfreiches Mittel gegen Stress, Ängste und Aggressionen bewährt. Wissenschaftlich belegt hat die gesundheitsfördernde Wirkung der Wälder unter anderem der japanische Forscher Yoshifumi Miyazaki. 2011 untersuchte er, wie stark das Stresshormon Cortisol, Blutdruck und Herzfrequenz bei einem Stadtspaziergang und bei einem Waldspaziergang sanken. Ein Ergebnis der Studie: Der Cortisolspiegel im Speichel war beim Waldspaziergang um 12,4 Prozent niedriger als bei der Vergleichsgruppe. Die japanische Regierung erkannte bereits 1982 die gesundheitsfördernde Wirkung des Waldes und prägte den Begriff des Shinrin-Yoku: „Waldbaden“. In Japan ist das Waldbaden heute sogar eine anerkannte Stress-Management-Methode.
Dabei ist es übrigens nicht notwendig, sich körperlich sehr anzustrengen. Schon ein gemütlicher Spaziergang im Wald reicht aus. Er wirkt wie eine Art Aromatherapie, die für die Gesundheit förderlich ist. Insbesondere für Allergiker, Asthmatiker und Neurodermitis-Patienten bietet das besondere „Innenklima“ des Waldes mit seiner sogar im Hochsommer angenehmen Kühle ein ideales Erholungsgebiet. Durch das Einatmen der ätherischen Öle, welche die Bäume in die Luft abgeben, wird das Immunsystem gestärkt.
Dieses besondere Wohlfühl-Klima kann man mit eindrucksvollen Zahlen und Fakten belegen. Der Wald säubert die verbrauchte Luft der Städte. Allein eine einzige ausgewachsene Fichte oder Buche filtert an einem Tag bis zu 18 Kilogramm Kohlendioxid. Derselbe Baum produziert bis zu 13 Kilogramm Sauerstoff pro Tag. Mit ihren ätherischen Ölen ist die Waldluft eine einzige Wohltat für unsere Bronchien. Und die sprichwörtliche Ruhe im Wald ist für das Nervensystem und für die Vorbeugung von Herz- und Kreislauferkrankungen lärmgeplagter Städter das Ideal-Therapeutikum.

Waldkräuter mit heilender Wirkung
Und die Wälder in Nordrhein-Westfalen haben noch mehr zu bieten, was die Gesundheit des Menschen fördert. Hier wachsen zahlreiche Heilpflanzen, wie Beinwell, Augentrost oder Scharbockskraut. Denn im Wald und auf Waldwiesen finden sich für viele Heilpflanzen die besten Standortbedingungen. Solche wildwachsenden Pflanzen verfügen über mehr Energie, Wirkstoffe und Heilkräfte als angebaute Pflanzen, aus denen die meisten Präparate in Drogerien und Apotheken bestehen. So enthalten die Waldpflanzen und -kräuter noch die für die Verdauung besonders wertvollen natürlichen Bitterstoffe, die in den domestizierten Formen weggezüchtet worden sind.
Das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten der Waldpflanzen ist enorm. Efeu und Lungenkraut helfen gegen Erkrankungen der Atemwege, Waldmeister ist ein probates Mittel gegen Durchblutungsstörungen, Himbeere und Brombeere können gegen Durchfall wirkungsvoll eingesetzt werden, Misteln bei hohem Blutdruck und der Spitzwegerich bei Erkältungen und Bronchitis.
Die heilende Wirkung dieser Frühjahrsblüher kennt auch die moderne Medizin. Beinwell beispielsweise, das gegen leichte Entzündungen und Schmerzen wirkt und die Wundheilung unterstützt, zählt zu den wenigen Pflanzen, denen auch die „Kommission E“ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte eine therapeutische Wirkung bescheinigt. Diese wissenschaftliche Sachverständigenkommission gibt Empfehlungen für den Einsatz von Heilkräutern. Viele andere Heilpflanzen, die es auch in Wäldern in NRW gibt, sind zwar nicht offiziell anerkannt, werden aber in der Alternativmedizin durchaus erfolgreich verwendet.

Der Wald: Gesundheitsfördernder Erlebnisraum
Wälder lassen sich auf vielfältige Weise entdecken: Zu Fuß beim Wandern oder Joggen, auf zwei Rädern bei einer gemütlichen Fahrradtour oder mit Schwung auf dem Mountain-Bike, auf dem Pferderücken oder als Schatzsucher beim Geocaching. 2018/2019 stellt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gemeinsam mit dem Deutschen Forstwirtschaftsrat, dem Deutschen Olympischen Sportbund, den Ländern und Kommunen sowie privaten Waldbesitzern den Wald als (sportlichen) Erholungsraum in den Fokus. Dazu finden am 13. und 14. September 2018 in Berlin zentrale und bundesweit verschiedene regionale Veranstaltungen statt.

Deutschland ist „Waldland“
Deutschland zählt zu den waldreichen Ländern der Europäischen Union. Mit 11,4 Millionen Hektar ist knapp ein Drittel der Gesamtfläche mit Wald bedeckt. Sogar im industriell geprägten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind mit 27 Prozent immerhin deutlich mehr als ein Viertel der Fläche Waldgebiet. „Der Wald liefert den nachhaltigen Rohstoff Holz und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum. Gleichzeitig erfüllt er wertvolle Erholungs- und Schutzfunktionen und ist auch für die biologische Vielfalt unersetzlich“, sagt Ranger Jörg Pahl vom Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen. Fast 60.000 Kilometer Waldwirtschaftswege in NRW bieten als Wanderwege Zugang zu diesem kostenlosen Erholungsraum. Die Ranger von Wald und Holz NRW bieten entlang dieses Wegenetzes regelmäßig begleitete Wandertouren an – unter anderem am 5. August 2018 zum Thema Shinrin-Yoku.

www.wald-und-holz.nrw.de