Traditionelle Bauweise mit massiven Fichtenbäumen aus den Landesforsten

Reisende Handwerksgesellen bauen ein Tiny-Blockhaus

Quelle: Niedersächsische Landesforsten - Felix Erhardt (links) und Christoph Rester bauen nahe Uslar ein massives Tiny-Blockhaus.

(Uslar / Dassel) Ein Tiny-Blockhaus aus Solling-Fichten bauen derzeit reisende Handwerksgesellen auf Gut Steimke bei Uslar. Die massiven Baumstämme stammen aus dem Forstamt Dassel. Die Niedersächsischen Landesforsten ernteten Ende Februar insgesamt 27 alte Fichten aus einem Waldgebiet nahe Relliehausen. Förster Olaf Müller ließ die rund hundertjährigen Bäume fällen. Sein Ziel ist es, den Fichtenanteil zu verringern und das Revier langfristig in Mischwälder umzubauen. Wandergeselle Felix Erhardt freut die sinnvolle und langlebige Verwendung und lobt die gute Holzqualität: „Die Nadelbäume sind langsam und gleichmäßig gewachsen. Unser Blockhaus ist bald fertig und steht ohne Nägel, Schrauben oder Dübel“, betont der 42 Jährige diplomierte Bauingenieur von der Schwäbischen Alb. Das Tiny-Haus ist sein Pilotobjekt. Als gelernter Maurer möchte er die spezielle Bauweise lernen, um später Einfamilienhäuser in Blockhausstil herzustellen.

 

Holzbau ohne Nägel oder Schrauben – Nasses Holz verbaut – Setzungen eingeplant

Felix Erhardt hatte ursprünglich Weißtannen für sein Projekt gesucht. Doch die konnte das Forstamt nicht liefern, denn so alte Tannen wachsen erst wenige im Solling. „Tannenholz lagert kein Harz ein, aber Fichte ist auch gut geeignet“, weiß er. Seine Stämme sollten zwischen 14 und 18 Meter lang und in der Mitte mindestens 30 Zentimeter im Durchmesser stark sein. Aus heimischem Revier in der Region gewachsen kamen die Stämme auf kurzem Weg nach Gut Steimke im Landkreis Northeim.

 

Unentbehrlich auf der Baustelle ist sein Kollege Christoph Rester. Gemeinsam legen sie die bearbeiteten Stämme mit Hilfe eines Traktors millimetergenau aufeinander. Der 26 Jährige Rester stammt aus der Nähe von Regensburg. Schon fast zwei Jahre ist er als „fremder Zimmermann und Werkzeugmacher“ auf der Walz. Pro Tag schaffen Rester und Erhardt zwei Stämme. Langsam aber stetig wächst das Tiny-Haus, gut zu sehen neben der Straße vor dem Gutshof. Beide hoffen, Ende Juli das Objekt fertig zu stellen. Dann soll die Reise weiter gehen zum nächsten Bau, in eine andere Waldgegend oder in ein anderes Land. Während dessen ruht das Gebäude, das Holz trocknet langsam und das Blockhaus „setzt sich“. Damit beschreiben Zimmerleute den Effekt, wenn Holz Wasser verliert und im Durchmesser schrumpft. Felix Erhardt plant die Schrumpfung ein, denn seine Baumstämme hat er frisch aus dem Wald verarbeitet. Keine künstliche Trocknung und keine witterungsgeschützte Lagerung unter Dach sei im Blockhausbau üblich, sagt er. Stattdessen plant er zwischen 10 und 15 Zentimeter ein, die das Gebäude niedriger werde.

 

Im Schwarzwald die Bauweise gelernt

Das spezielle Handwerk hat Erhardt bei einem Lehrgang über Blockhausbau im Schwarzwald gelernt. Sein Wissen soll ihm jetzt weiterhelfen, wenn er künftig größere Häuser baut. Insgesamt war er fünf Jahre auf Wanderschaft. Das Tiny-Blockhaus auf Gut Steimke ist sein erstes einheimisches Projekt. Aber so richtig sesshaft sei er noch nicht, sagt Erhardt über sich selbst. Das Gut Steimke habe er vor zwei Jahren kennengelernt beim großen Junghandwerker-Treff. „Damals ist die Idee für ein kleines Blockhaus entstanden“, ergänzt Robert Schöning. Der Besitzer des Gutes nutzt die Anlage für Seminare und hat immer ein offenes Haus für reisende Handwerker. „Das Blockhaus wachsen und Junghandwerker auf meinem Hof kommen und gehen zu sehen ist ein schönes Gefühl. Handwerkliche Fähigkeiten und Wissen im Umgang mit Holz gehen hier Hand in Hand“, freut sich Gastgeber Robert Schöning.

 

Wo letztlich das Häuschen endgültig stehen wird, ist noch unklar. „Wir sind reisende Handwerksgesellen. Nach Fertigstellung wollen wir das Objekt feilbieten, das heißt auf interessierte Käufer zugehen und anbieten“, beschreibt Felix Erhardt. Einen dauerhaften Verbleib in der Region wünscht sich auch Simon Fortmann. Der Betriebsdezernent im Forstamt Dassel hat die Baustelle besucht und sich von der Qualität seiner Solling-Fichten überzeugt. „Die glatten, mit Hochdruckreiniger entrindeten Stämme machen ein hochwertigen Eindruck. Als Forstmann begrüße ich die Verwendung von Holz im Hausbau. Das Blockhaus ist ein Botschafter für den nachwachsenden Rohstoff Holz aus der Region. Und weil wir in den Landesforsten weniger Bäume ernten als wieder nachwachsen, tragen wir im Solling zur nachhaltigen Versorgung der Gesellschaft mit Holz bei“, lautet das Urteil des Försters über das neue Bauwerk. Forstleute und Handwerksgesellen hoffen nun auf Nachahmer, die aus dem ältesten Rohstoff der Menschheit mit traditionellem Wissen und handwerklichen Fähigkeiten langlebige Gewerke schaffen.