Tausendsassa Holz: Eichenrinde schützt Ariane & Co.

Trägerraketen werden für den Transport von Satelliten ins Orbit mit Kork isoliert. Eine Technik, die sich schon seit 60 Jahren bewährt und zur Faszination des Rohstoffs Holz beiträgt.

Von wegen nur Flaschenverschluss: Kork ist ein vielseitiger Naturrohstoff, der sich seit Jahrzehnten sogar in der Weltraumfahrt bewährt hat. Foto: Ina Sänger

Die Raumfahrt ist eine High-Tech-Industrie. Doch wer dabei nur an hochfestes Aluminium und Carbon-Sandwichbauweise denkt, der irrt. Ausgerechnet die äußerste Schicht bei Trägerraketen, thermisch extrem beansprucht, besteht aus Eiche. Genauer aus der Rinde der Korkeiche. Eine kaum zehn Millimeter starke Korkschicht bedeckt die Nutzlastverkleidung, unter deren Schutz Satelliten ins Orbit transportiert werden. Denn Kork hat eine extrem niedrige thermische Leitfähigkeit und ist gleichzeitig schwer entflammbar. Er verzögert die kritische Hitzefront, die die Trägerraketen beim Flug in den Orbit aushalten müssen. Portugal produziert mit seinen Korkeichenwäldern etwa die Hälfte der Weltjahresproduktion. Heimische Stiel- und Traubeneichen sind hingegen zur Korkherstellung ungeeignet.

Von wegen nur Weinkorken: Eichenrinde ist ein High-Tech-Werkstoff

In Portugal werden jährlich etwa 100.000 Tonnen, rund die Hälfte der Weltjahresproduktion, in ausgedehnten Korkeichenwäldern produziert. Etwa alle neun bis zwölf Jahre kann eine drei bis sechs Zentimeter starke Rinde an Korkeichen entfernt werden. Bis heute erfolgt dies in sorgsamer Handarbeit mit einem Korkbeil. Dabei darf die wasser- und nährstofftransportierende Kambiumschicht des Baumes nicht verletzt werden. Bis zu 15 kg Kork kann so nachhaltig pro Baum geerntet werden. Erst die dritte Korkernte erbringt die feine Materialqualität für Ariane & Co. Korkeichen werden bis zu 250 Jahre alt und können etwa zehn- bis fünfzehnmal abgeerntet werden. Mit den in Thüringen vorhandenen Eichenarten wie Stiel- oder Traubeneiche, immerhin zu knapp 7 % an der Baumartenverteilung im Freistaat beteiligt, ist eine Korkproduktion leider nicht möglich – deren Rinde regeneriert nicht ausreichend schnell. Der Anbau von Korkeichen im Freistaat ist umgekehrt nicht erfolgversprechend – das frostempfindliche, immergrüne Hartlaubgewächs ist nicht winterhart.

Schon die ersten Sojus-Raketen flogen mit einem Korkmantel

Neu ist diese Isolierungstechnik mit dem Naturprodukt Kork nicht. Schon Ende der 1950er Jahre flogen die ersten sowjetischen Sojusraketen mit Korkisolierungen. Auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst ist erst vor wenigen Wochen mit solch einer Sojusrakete zur internationalen Raumstation ISS erfolgreich gestartet. In über 60 Jahren Weltraumflug hat sich damit die Korkeiche bewährt und ist heute nicht nur in russischen, sondern auch europäischen und amerikanischen Trägerraketen zu finden.

Korkeichenwälder sind sehr wertvoll – wirtschaftlich wie auch ökologisch

Die bewirtschafteten Korkeichenwälder sind in mehrfacher Hinsicht ausgesprochen wertvoll. Kork dient als nachhaltig produziertes Naturprodukt der Herstellung von vielfältigen Isolier- und Dämmstoffen, etwa für die Bauindustrie. Korkwälder beherbergen außerdem eine große Anzahl seltener Tier- und Pflanzenarten. Herausragend ist die Klimabilanz von Korkwäldern: Im Vergleich zu Bäumen mit geringmächtiger Rinde wie etwa die heimische Buche wird etwa fünfmal mehr klimaschädliches CO2 gebunden. Damit wird auch deutlich, dass der Ersatz von Weinkorken durch energieintensiv produzierte Aluminium-Drehverschlüsse oder Kunststoffkorken aus Klimaschutzsicht unklug ist. Wie in Thüringen auch, ist der Schutz dieser Wälder besonders erfolgreich durch ihre nachhaltige und naturnahe forstliche Nutzung zu gewährleisten.

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