Niedersachsen: Wichtiges Kapitel der Zwangsarbeit in den Forsten aufgearbeitet

Französische Kriegsgefangene vor einer Baracke des Lagers „Donnershagen“, Forstamt Knobben im Solling, vermutlich 1943. Quelle: Stadtarchiv Uslar, Sammlung Schreckenbach

„Dass die deutsche Kriegsforstwirtschaft wie selbstverständlich von der Verschleppung und Ausbeutung ungezählter Menschen profitierte, ist bedrückend“, betonte der Historiker Dr. Peter-Michael Steinsiek. Am Mittwoch, 11. April 2018, stellte der Autor gemeinsam mit der Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta und dem Präsidenten der Niedersächsischen Landesforsten, Dr. Klaus Merker, im Landtag die Ergebnisse seiner Studie zur Zwangsarbeit der Öffentlichkeit vor.

Am Beispiel von Harz und Solling dokumentiert die Untersuchung, in welchem Ausmaß und unter welchen Umständen zwischen 1939 und 1945 Zwangsarbeit in den Forsten auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen stattgefunden hat. Nahezu in allen der untersuchten 40 Forstämter gab es Lager, in denen Kriegsgefangene und zivile ausländische Zwangsarbeiter, in einigen Fällen auch Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Der Bedarf stieg mit zunehmender Kriegsdauer permanent an, weil der einheimische Waldarbeiterstamm kriegsbedingt schrumpfte und zugleich die Nachfrage nach Holz stetig wuchs. So ging es in der alltäglichen Arbeit um eine „Leistungssteigerung“ mit allen verfügbaren Kräften, erklärte Steinsiek. Über die Gefangenen sei verfügt worden, als handele es sich um „Sachen“. Formale Gesetze und Verordnungen hätten diesen ein ordentliches Verfahren oder gar Rechtsstaatlichkeit vorgegaukelt.

Die Landtagspräsidentin Dr. Andretta sagte: „Die Zwangsarbeit im Wald war ein bislang vernachlässigter Aspekt in der Aufarbeitung der Schrecken des Nationalsozialismus. Ich bin den Landesforsten sehr dankbar, dass sie sich der gemeinsamen Verantwortung für unsere Geschichte stellen. Die Studie kann nachfolgenden Generationen als Gedächtnis dienen. Zeitzeugen werden immer rarer, daher ist es umso wertvoller, dass das Buch ihre Aussagen für die Nachwelt sichert.“ Mit der Studie wollen die Landesforsten, so Dr. Merker, die forstliche Zwangsarbeit erstmalig in einen größeren räumlichen Zusammenhang stellen. Dazu habe Dr. Steinsiek zahlreiche neue Quellen ausgewertet und Zeitzeugen zu den unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter befragt. „Die Landesforsten kommen mit der Studie ihrer Verantwortung als heutiger Flächeneigentümer nach. Der akribischen Recherche Dr. Steinsieks ist es zu verdanken, dass wir dieses schreckliche Kapitel nun so aufarbeiten konnten. Die Studie soll Mahnung für die Zukunft sein, dergleichen nie wieder geschehen zu lassen, und sie soll den von Verschleppung, Entrechtung und Demütigung Betroffenen ein Andenken bewahren“, erläuterte Dr. Merker.

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