Naturverjüngung: Augen auf, sonst geht es schief

Die natürliche Verjüngung von Schadflächen spart Kosten. Aber nur, wer aufmerksam die Baumartenentwicklung steuert, kommt dem Ziel eines klimastabilen Mischwaldes näher

 

Erfurt (hs): Mehr als die Hälfte der aktuell 110.000 Hektar klimawandelbedingte Schadflächen in Thüringen zeigt eine Naturverjüngung. Dies bedeutet, dass die Selbstheilungskräfte der Natur für eine Wiederbewaldung sorgen. Den Waldbesitzenden freut dies. Er kann den Kauf und die Pflanzung teurer Baumschulware reduzieren und damit Geld sparen. Auch sind naturverjüngte Jungbäume robuster als Pflanzware. Ihre Entstehung aus Samen hat eine ungestörte Wurzelentwicklung zur Folge. Frostschäden sind eher selten, speziell bei Birke, Eberesche, Aspe oder Kiefer. Dies bedeutet aber nicht, dass der Aufwuchs sich selbst überlassen werden darf. Je nach Ausgangslage, können derartige vermeintliche Selbstläufer auch zur Last werden. Naturverjüngung ist oft, aber nicht in allen Fällen die „beste Lösung“.

 

Oft das erste Problem: Auf Fichte folgt Fichte

„Schon unsere Altvorderen wussten „Auf Fichte folgt Fichte“. Unter einem geräumten Fichtenaltholz wird sich oft wieder Fichte einfinden. Egal, ob der Standort geeignet ist und andere Baumarten wünschenswert wären“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Das liegt daran, dass ein Fichtenbestand auch nur Fichtensamen produziert. Zusätzlich ist eine derartige Fichten-Naturverjüngung oft genug extrem stammzahlreich, gleichsam wie „Haare auf dem Hund“. Das Problem: Der Reichtum an Jungpflanzen verhindert eine natürliche Selbstdifferenzierung, was den Bestand instabil werden lässt. Schneebruchschäden und Sturmanfälligkeit drohen in späteren Jahren. Um dies zu verhindern, muss der Waldbesitzende früh eingreifen und bspw. mittels Freischneider die Stammzahlen auf Mengen reduzieren, als ob gepflanzt worden wäre.

 

Fehlende oder minderwertige Samenbäume

Fehlen Saatbäume, etwa Buchen, Eichen oder Ahorne im Altbestand oder in räumlicher Nähe, findet sich eine kaum wünschenswerte, artenarme Naturverjüngung ein. Der Waldbesitzende entfernt sich vom Ziel eines klimastabilen Mischwaldes. Auch kann die Qualität der Saatbäume gering sein, der Anteil drehwüchsiger oder gezwieselter Bäume hoch. Und nicht zuletzt kann die natürliche Verjüngung auch sehr spärlich wachsen. In all diesen Fällen sollte der Waldbesitzende durch die ergänzende Pflanzung von Baumschulware oder der Auspflanzung selbstgeworbener Wildlinge für artenreiche und stabile Wälder sorgen. Dies macht in der Regel den Bau eines Zaunes erforderlich, sollte die Schalenwildbestände nicht ausreichend einreguliert sein. Hier kann ein Gespräch mit dem örtlich zuständigen Jagdausübungsberechtigten hilfreich sein, in dem eine Schwerpunktbejagung auf dem gefährdeten Verjüngungskomplex vereinbart wird.

„Waldbesitzende sollten die natürliche Verjüngung auf Schadflächen als Geschenk der Natur annehmen. Das damit „alles von alleine läuft“ ist allerdings ein Irrtum. Aufmerksames regelmäßiges Beobachten des Aufwuchses und rechtzeitiges Eingreifen sind notwendig, um die Vorteile der natürlichen Wiederbewaldung uneingeschränkt zu nutzen“, so Gebhardt abschließend. Die landesweit rund 280 Revierleiterinnen und Revierleiter der ThüringenForst-AöR stehen zur Beratung und Betreuung gerne zur Verfügung.