Kartellverfahren zur gemeinsamen Rundholzvermarktung stößt bei Waldbesitzern auf Kritik

Landauf landab ist in Baden-Württemberg bei Förstern und Waldeigentümern derzeit eine große Unruhe zu spüren. Das Bundeskartellamt will der Landesforstverwaltung Forst BW den Holzverkauf und die Mitbewirtschaftung privater und kommunaler Wälder in wesentlichen Teilen untersagen. Derzeit betreut und berät die Forstverwaltung mehr als tausend Kommunen und einen Großteil der mehr als 200.000 Privateigentümer im Land. Die eigentumsübergreifende Zusammenfassung und Vermarktung der Holzmengen über das so genannte Einheitsforstamt verstößt aber nach Ansicht der Kartellbehörde gegen das Wettbewerbsrecht.

Unmittelbar betroffen wären alle Waldbesitzer mit Flächen über 100 Hektar. Die Forstkammer Baden-Württemberg, als Vertretung der Waldbesitzer, befürchtet deshalb nachteilige Auswirkungen auf die vielen Kleinwaldbesitzer im Land. Insbesondere die flächendeckende Zuständigkeit der staatlichen Forstrevierleiter und Revierleiterinnen als kompetente und neutrale Ansprechpartner könnte in Frage gestellt sein. Sollte der vom Bundeskartellamt angekündigte Beschluss Rechtskraft erlangen, so müsste die Bewirtschaftung fast des gesamten baden-württembergischen Kommunalwaldes auf eine neue Grundlage gestellt werden. „Wir stehen vor der größten Herausforderung für die Waldbesitzer seit der Bewältigung der Schäden des Orkantiefs ‚Lothar‘“, beschreibt Forstkammer-Präsident Roland Burger die Lage.

Das Einheitsforstamt hat in Baden-Württemberg eine lange, erfolgreiche Tradition. Private, kommunale und staatliche Wälder liegen in der Fläche kunterbunt nebeneinander. Daher sei es mehr als sinnvoll, dass die Eigentümer zusammenarbeiten und auch ihr Holz gemeinsam vermarkten. Durch das gebündelte Holzangebot entstünden auch für Sägewerke und andere Holzkunden Vorteile, z.B. durch eine optimierte Logistik und größere Liefersicherheiten. „All diese gewachsenen Strukturen nun zu zerschlagen, wäre absolut kontraproduktiv“, so Burger.

Als beigeladene Vertreterin der nichtstaatlichen Waldbesitzer wird die Forstkammer diese Bedenken gegenüber dem Bundeskartellamt darstellen. Den Beschlussentwurf betrachten die Waldeigentümer als zu weit gehend. „Wir haben den Eindruck, dass man hier teilweise über das Ziel hinausgeschossen ist“, kritisiert der Forstkammer-Präsident. Insbesondere das Verbot der Dienstleistungen der Förster bei der Vorbereitung der Holzernte, aber auch die sehr niedrige Grenze von 100 ha und die Benachteiligung der den Kleinwaldbesitz bündelnden Forstbetriebsgemeinschaften sieht die Forstkammer als nicht gerechtfertigt an.

Die Forstkammer setzt sich deshalb für einen Erhalt der gemeinschaftlichen Holzvermarktung und für ein flächendeckendes Reviersystem ein. „Kleinwaldbesitzer brauchen auch in Zukunft den Förster als kompetenten und umfassenden zuständigen Ansprechpartner“, fordert Roland Burger. Diese Haltung hat der Forstkammer-Vorstand auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Forstminister Bonde und Staatssekretär Murawski im Rahmen eines Spitzengespräches verdeutlicht. Dort wurde vereinbart, dass eine durch das Kartellverfahren ggf. erforderlich werdende Veränderung der Forstorganisation eng mit den Vertretern des Waldeigentums abgestimmt wird.

Aus Sicht der Forstkammer hat die Debatte noch einen anderen Aspekt. So warnt Burger eindringlich davor, die Kartelldebatte als Vorwand für einen weiteren Rückzug aus der staatlichen Unterstützung der Forstwirtschaft zu nehmen: „Die Betreuungsleistung durch die Förster vor Ort ist ein wichtiger Ausgleich für die vielfältigen Gemeinwohlleistungen, die die Waldeigentümer erbringen.“ Während Anforderungen des Natur- und Artenschutzes sowie die Freizeitnutzung des Waldes stetig stiegen, ziehe der Staat die Unterstützung bei der Bewirtschaftung sukzessive zurück. „Fordern ohne Fördern kann es auch im Wald nicht geben“, so die Position der Waldeigentümer. Wenn die indirekte Förderung der Betreuung des Waldeigentums nicht kartellrechtskonform sei, so müsse die Unterstützung der Waldeigentümer eben auf direktem Weg erfolgen. 

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