Immer weniger Pflanzenschutzmittel im Forst

Mit Insektizid behandelte Holzmenge sind 2015 im Staatswald um ein Drittel gesunken, auf flächigen Insektizideinsatz konnte sogar vollständig verzichtet werden.

Eine Lockstoff-Falle für Borkenkäfer: Moderne biotechnische Verfahren machen Insektizide nicht überflüssig, schränken ihre Ausbringungsnotwendigkeit aber immer weiter ein. Foto: ThüringenForst, Abdruck honorarfrei

2015 konnte ThüringenForst, mit 200.000 ha größter Waldbesitzer im Freistaat, vollständig auf den flächigen Einsatz von Insektiziden im Wald verzichten. Die mit Insektiziden behandelten Poltermengen an den Forststraßen sanken um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr. Damit kommt die Landesforstanstalt ihrem Ziel einer Forstwirtschaft mit minimiertem Pflanzenschutzmitteleinsatz sehr nahe. Ursachen dieser positiven Entwicklung sind, neben derzeit ausbleibenden Massenvermehrungen von forstlichen Schädlingen, moderne Verfahren der Schädlingsüberwachung einschließlich des Waldschutzmeldewesens, ausgereifte biotechnische Ersatzverfahren, eine zügig arbeitende Holzerntelogistik, die waldbauliche Förderung von Mischbeständen und hochqualifiziertes Forstpersonal.

Integrierter Waldschutz als erfolgreiche Strategie

Mitte der 1990er Jahre setzten Förster im Thüringer Staatswald Pflanzenschutzmittel (PSM) gegen Rüsselkäfer, Mäuse oder Raupen auf bis zu 5.000 ha ein. Seit dieser Zeit sinkt der Einsatz chemischer Mittel im Wald stetig. „Mit unserer Strategie des integrierten Waldschutzes haben waldbauliche, biologische und technische Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen absoluten Vorrang vor dem Einsatz von PSM“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. Überregionales Monitoring und stete Schädlingsüberwachung sind dabei die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen. Denn auf sanfte Weise gegensteuern kann man nur, was frühzeitig als Herausforderung erkannt wird. Mit der bundesweit neuen Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung vom Juli 2013 ergaben sich auch erweiterte Pflichten für ThüringenForst, insbesondere in der laufenden Schulung aller Anwender auf Forstamtsebene. Ebenso unterliegt ThüringenForst einer restriktiven Dokumentation der Pflanzenschutzmitteleinsätze gemäß Pflanzenschutzgesetz.

Jährlicher Witterungsverlauf ist entscheidend

Gleichzeitig warnen die Forstexperten: Der jährliche Witterungsverlauf beeinflusst maßgeblich die Entwicklung nahezu aller forstlich relevanten Schadorganismen im Wald. Ergeben sich durch Schadereignisse wie Orkansturm oder Schneebruch ein erhöhtes Brutangebot etwa für den Borkenkäfer, so können trocken-warme Witterungsverläufe innerhalb weniger Monate zu einer Explosion der Borkenkäferzahlen führen und dann den umfangreichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erforderlich machen.

Neue Schaderreger breiten sich aus

Auch der maßgeblich vom Menschen verursachte Klimawandel und die Globalisierung des Warenhandels fördern Auftreten und Krankheitsausmaß neuer Schaderreger im Freistaat. Dadurch sind immer komplexere Ursachen-Wirkungsmechanismen in den heimischen Waldökosystemen zu erwarten. Das Eschentriebsterben, das aus Indien stammende Kastanienbakterium Pseudomonas oder der Asiatische Laubholzbockkäfer sind nur erste Vorboten. Letzterer hat in Bayern und Baden-Württemberg die Durchführung ausgedehnter Kahlschläge erzwungen, um ein Ausbreiten des größten asiatischen Waldschädlings in Süddeutschland vorerst zu verhindern. Aber auch die Gesundheit des Menschen wird von neuen Waldschädlingen bedroht: der Kontakt mit den giftigen Raupenhärchen des Eichenprozessionsspinners, erstmals 2015 in Südthüringens Eichenwäldern nachgewiesen, kann für Allergiker, Kinder und Senioren erhebliche gesundheitliche Schäden bis zu einem allergischen Schock verursachen.

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