Amerikanische Wanzen in deutschen Wohnungen

Die amerikanische Zapfenwanze fühlt sich nicht nur in Thüringens Wäldern, sondern auch in heimischen Häusern und Wohnungen wohl. Foto: Dr. Horst Sproßmann

Wer jetzt an den amerikanischen Geheimdienst denkt, der irrt: Diese Wanze ist groß, liebt Nadelbäume, mag kühle Überwinterungsplätze in Häuser und Wohnungen und steht im Fokus der Waldschutzexperten.

Erfurt (hs): Die Amerikanische Zapfenwanze (Leptoglossus occidentalis), ein 2006 in Deutschland erstmals festgestellter Neubürger, ist inzwischen auch in Thüringen verbreitet. Während sie in ihrem ursprünglichen Vorkommensgebiet, den westlichen USA, als Forstschädling eingestuft ist, haben Thüringens Förster ihre Entwicklung als mögliches neues Schadinsekt in den heimischen Nadelwäldern derzeit im Auge. Vermutlich wurde die optisch auffällige Wanze über Holzlieferungen nach Europa eingeschleppt. Die rund zwei Zentimeter große und damit auch größte in der heimischen Natur vorkommende Wanzenart überhaupt, überwintert normalerweise unter der Rinde von Nadelbäumen. Nicht so in Europa: Dort dringen die Wanzen auf der Suche nach einem Überwinterungsplatz im Herbst in Häuser und Wohnungen ein, oft genug mehrere Dutzend Tiere gemeinsam. Die lästigen Wanzen sind für den Menschen allerdings ungefährlich – und riechen auch nicht unangenehm.

Die Nymphen schädigen die Samen von Nadelbäumen

„Im Mai und Juni legen die Weibchen bis zu 80 Eier vorzugsweise auf Kiefernnadeln ab. Schlüpfen die Nymphen suchen sie die Zapfen des Baumes auf, saugen an den Samen und vermindern so die Samenproduktion. Schlimmstenfalls behindern sie so die Verjüngung unserer Nadelbaumbestände“, so Jörn Ripken, ThüringenForst-Vorstand. Unklar ist auch, ob die Wanze ggf. pathogene Pilze überträgt und damit Baumkrankheiten verbreiten kann. So geschehen beim Ulmensplintkäfer, der ab den späten 1960er Jahren Ulmenbestände durch die Übertragung eines schädlichen Pilzes zum Absterben brachte. Heute sind alle drei Ulmenarten akut in ihrem Bestand gefährdet.

Aktuell liegt keine Gefährdung von Waldbäumen vor
Die Zapfenwanze hat sich in Deutschland innerhalb weniger Jahre schnell ausgebreitet. Eine Gefährdung der heimischen Waldbäume liegt bis jetzt nicht vor. Eine Bekämpfung der Art erscheint weder möglich, noch nach derzeitigem Kenntnisstand hierzulande notwendig. Gleichwohl beobachten die Waldschutzexperten des Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrums Gotha (FFK), eine Stabsstelle der ThüringenForst-AöR, die Entwicklung in den heimischen Forsten. Positiv: Die Wanzen saugen nur an im Wachsen befindlichem Samen der Bäume, nicht aber an gepflücktem Samen, der in Darren gelagert ist. Wichtig für Thüringens einzige staatliche Waldsamendarre, die von der Landesforstanstalt bei Fischbach (Kreis Gotha) betrieben wird.
Da die Amerikanische Zapfenwanze sehr gut und weit fliegen kann, muss von einer landesweiten Verbreitung ausgegangen werden. Bei warmen Jahreswitterungsverläufen, wie etwa 2018, kann die Art zwei bis drei Generationen ausbilden – und erreicht damit fast das Vermehrungspotenzial des in Thüringen besonders gefürchteten Buchdruckers.

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